Zott, Hans-Jörg 1984: 8 88-90

Konrad Banz - 70 Jahre. 

Am 14. Februar 1984 vollendet KONRAD BANZ sein 70. Lebensjahr. Seine Freunde und Schüler schätzen in ihm einen Biologen, dessen Kenntnis der mitteleuropäischen Flora und Fauna schier unerschöpflich scheint, und das um so mehr, je tiefer sie in ihren Neigungen, ja in der Gestaltung ihres gesamten Lebensweges von ihm beeinflußt wurden. Sich diesem Einfluß zu entziehen ist aus der Nähe nicht möglich - aber auch nicht nötig, denn so jedenfalls meine Erfahrung: dieser Einfluß bringt immer Gewinn, ohne zwingend zu sein, ist nie vordergründig und doch nachhaltig.

Viele seiner Schüler machten das anfänglich naturkundliche Hobby zum Beruf und wurden Biologen. Andere wurden z. B. Ärzte oder Lehrer - auf jeden Fall wurden alle in ihrem Denken von ihm maßgeblich mitgeformt oder in ihrem Hobby bestärkt. Allen zusammen aber, die sich ihm zugesellten, hat er Naturliebe, Freude am Beobachten, dem Umgang mit der natürlichen Umwelt und die Achtung vor dem Leben in all seinen Erscheinungsformen nachhaltig vermittelt.

Worin liegt nun die unverwechselbare Stärke dieses Menschen begründet, der so gänzlich frei von aller spektakulären Art und bar aller akademischen Ränge ist und dessen Brust kaum ein Orden traf?

Vielleicht liegt ein Grund in seinem durchaus nicht leichten und sehr wechselvollen Leben, das ihn lehrte, zwischen wichtig und unwichtig zu unterscheiden, ihn zwang, mit Hartnäckigkeit an seinen Interessen festzuhalten, und das Integrität und Opfermut, Genügsamkeit und Beharrlichkeit zu seinen vorstechenden Charaktereigenschaften werden ließ.

Seinen Vater, den er sehr verehrte, verlor er in seinem 17. Lebensjahr. Der frühe Tod seiner geliebten Tochter hat ihn sehr schwer getroffen. Er lernte Arbeitslosigkeit und Entbehrung, Krieg, Verwundung und Gefangenschaft kennen. Er gehörte nicht zu denen, die in dieser Zeit eine Oberschule oder eine Universität besuchen konnten und mußte froh sein, als Versicherungsangestellter Arbeit zu finden.

Anstoß für seine biologischen Neigungen hat der vielseitig interessierte Vater gegeben. Nachhaltige Wirkung hatte die Begegnung mit OTTO SCHNURRE, den er 1929 am Berliner Faulen See kennenlernte, und dem er immer verbunden blieb. Über ihn wurde er mit Prof. RAMME bekannt, der weitere Interessen weckte. Als Kustos des Berliner Museums für Naturkunde unterstützte er KONRAD BANZ auch in den Kriegsjahren bei biologischen Studien in den jeweiligen Orten der Stationierung als Soldat. Selbst während der Kriegsgefangenschaft in den USA (1944 bis 1946) trieb er ornithologische lind herpeto- logische Studien und organisierte u. a. eine Ausstellung über Schlangen. Nach dem Kriege suchte er einen Broterwerb - sogar als Polizist und in der Textilbranche. Seine bitteren Erfahrungen aus Krise und Krieg hatten ihn vom Antifaschisten, der Hausdurchsuchungen und anderen Verfolgungen nur durch Zufall glimpflich entging, nach 1945 zum Kommunisten werden lassen. KONRAD BANZ wurde 1950 beim Berliner Zentralhaus der Jungen Pioniere seßhaft; „Tierpfleger" nannte sich die Anstellung zunächst. Seine ersten Exkursionen und die „Expedition Seewasser" offenbarten bereits, daß nun für ihn das Hobby zum Beruf geworden war, darüber hinaus auch seine Begabung, mit Kindern zu arbeiten, sie sinnvoll und ernsthaft zu beschäftigen, ihnen eine Ahnung von so großen Begriffen wie Wissenschaftlichkeit, Leben, Verantwortungsgefühl oder Kollektivgeist zu geben. Dies führte dazu, daß er im Abend- Studium die notwendigen Lehrerprüfungen bis zum Biologiefachlehrer absolvierte.


Gemeinsam mit seinen Schülern, dem lebenden und toten Sammlungsinventar, Aquarien, Terrarien, Blattpflanzen und seiner umfangreichen Bibliothek war er so manchem Domizilwechsel unterworfen. Nach einer Umprofilierung verließ er das Zentralhaus der Jungen Pioniere und arbeitete als Biologielehrer in einer Schule. Trotzdem setzte er die außerschulische Tätigkeit mit seiner Interessengemeinschaft Biologie im Haus der Jungen Talente fort. Weitere Umzüge in die Station „Junge Naturforscher und Techniker" in der Falkenberger Straße sowie in Räumlichkeiten der Langhansstraße folgten. Von 1970 bis 1983 war KONRAD BANZ Mitarbeiter der Pädagogischen Abteilung des Tierparks Berlin. Wo liegen nun seine speziellen Verdienste? - Nicht jeder Biologielehrer verdient eine Laudatio.

Man kann mit Fug und Recht sagen, daß er in der außerschulischen Tätigkeit im Fach Biologie nicht nur für sein Berliner Wirkungsfeld Maßstäbe gesetzt hat. Man denke an die anfänglichen „Expeditionen" (Seewasser, Havel I u. II) und die späteren Exkursionen im In- und Ausland. Artenlisten, Rupfungssammlungen, Herbarien, Gewölle, Beutetiere - und viele interessante und mitteilenswerte Beobachtungen waren stets im Gefolge. Man erinnere sich an die vielen niveauvollen Ausstellungen, auch die jährliche Pilzausstellung. Nicht zusetzt lenkt das auf einen Wesenszug seiner Persönlichkeit hin, der ihn unverwechselbar erscheinen läßt: seine große Vielseitigkeit. Wenn auch von jeher der Ornithologie sein Hauptinteresse galt, gibt es nur wenige Biologen, die - als Autodidakten schon gar nicht - sowohl wesentliche Bereiche der Flora souverän beherrschen, inklusive Pilze, als auch wesentliche Teile der Fauna detailliert, z. T. spezialistisch kennen: bei Gewöll- und Rupfungsbestimmungen wird er aus dem In- und Ausland zu Rate gezogen; Heuschrecken - sein entomologisches „Spezialgebiet"; Fische - von der Bestimmung bis zum Fang, Transport und Haltung ist er sattelfest; Amphibien, Reptilien und Mammalia spricht er nicht nur sicher an, sondern hat sich allseitig mit ihnen beschäftigt, sie gehalten, fotografiert, beobachtet und präpariert.

Er war ein enger Mitarbeiter Dr. SCHNURREs und UTTENDÖRFERs und betreute dessen in den Besitz von R. MÄRZ übergangene Federsammlung während seiner Tätigkeit im Tierpark Berlin. Die „Gewöll- und Rupfungskunde" von MÄRZ wurde von ihm überarbeitet und wesentlich erweitert. Im Tierpark entstand darüber hinaus eine große Vergleichssammlung von Skelett-Teilen. Unter seiner Leitung angefertigte wissenschaftlich-praktische Arbeiten von Schülern 11. Klassen errangen mehrfach Preise (Diplome der Messe der Meister von morgen, Ernst-Haeckel-Schülerpreis, Preis des Oberbürgermeisters von Berlin).

Die publizistische Tätigkeit, begonnen mit populärwissenschaftlichen Artikeln in Lagerzeitungen während der Kriegsgefangenschaft ist vielseitig (s. Bibliographie). Die einhellige Meinung derer, die KONRAD BANZ und sein Wissen kennen, ist allerdings, daß seine Veröffentlichungen insgesamt nur einen schwachen Eindruck seiner Erfahrungen vermitteln.

Aber mit Aufzählungen genug, so wird man einem Menschen, den man nicht unbegründet einen „Schulenbildner" nennen könnte, nicht gerecht. Wir, die wir noch in seiner Nähe sind, wollen ihm im Namen aller seiner ehemaligen und jetzigen Schüler vielmehr bescheinigen, daß er unsere Jugend wesentlich bereicherte und unserem Leben einen tiefen Inhalt gab. Dafür wollen wir ihm danken!


Bibliographie:

BANZ, K.: Auswertung und methodische Hinweise. In B. SCHUSTER: Expedition „Seewasser". Reihe Unsere Welt, Gruppe II, Biologie - von der Natur und ihren Gesetzen. Der Kinderbuchverlag Berlin, 1951.

- : Unsere Arbeitsgemeinschaft „Junge Tierfreunde". Der Junge Naturforscher, Bd. 2, S. 53-59. Der Kinderbuchverlag Berlin, 1952.

Wir halten Tiere im Freilandterrarium. Der Junge Naturforscher, Bd. 3, S. 268 bis 271. Der Kinderbuchverlag Berlin, 1954.

- : Wissenswertes über Gewölle. Der Junge Naturforscher, Bd. 4, S. 77-80. Der

Kinderbuchverlag Berlin, 1955.

- (1962): Beobachtungen am heimatlichen Tümpel. Biologie in der Schule 11, 113.

- u. W. PÄTZOLD (1964): Beitrag zur Kenntnis der Vogelwelt des Parsteiner Sees und seiner Umgebung. FALKE 11, 111-117.

- (1966): Weitere Nachweise der Ohrenlerche (Eremophila alpestris L.}) als Überwinterer im Binnenland. Beitr. Vogelkde 11, 340-341.

- (1969): Der Sperber, Accipiter nisus (L), als Brutvogel im Schloßpark Berlin- Friedrichsfelde. Milu 2, 645-646.

- (1971): über das Brüten der Mittelente, Anas strepera L., im Kreis Neustrelitz. Beitr. Vogelkde 17, 384.

- u. G, STADIE (1972): Auf Exkursion im Urwaldgebiet von Bialowieza (VR Polen). Biologie in der Schule 21, 40.

- (1973): Die Jugend gewinnen! über die Arbeit der Ornithologengruppen des Jugendklubs Tierpark Berlin. FALKE 20, 222-223.

- (1974): Der Rohrschwirl, Locustella luscinioides (Savi), im Bialowieza-Natio- nalpark (Volksrepublik Polen). Beitr. Vogelkde 20, 246.

- (1975a): Nachweis des Schneesturmvogels, Pagodroma nivea (Forster), an der Ostseeküste des Darßes. Beitr. Vogelkde 21, 352-353.

- u. G. DEGEN (1975b): Zur gegenwärtigen Verbreitung des Uhus (Bubo bubo L.) im Westteil der VR Polen. Beitr. Vogelkde 21, 258-265.

- (1976): Zur Verbreitung der Saltatoria- und Blattaria-Fauna im Tierpark Berlin und seiner Umgebung. Milu 4, 78-84.

- (1978a): Biologische Exkursionen und Ausstellungen als Höhepunkte der Jugendarbeit im Tierpark Berlin. Milu 4, 236-238.

- (1978b): Ein Nachweis des Weißausgezackten Schüpplings, (Stropharia albocrenulata PECK/KREISEL) aus der Berliner Umgebung. Gleditschia 6,

- (1979): Ein Nachweis des Wellenläufers, Oceanodroma leucorhoa (Vieillot), im Erzgebirge. Beitr. Vogelkde 25, 127.

- (1980): Ein Beitrag zur Vogelwelt der Südslowakei. Milu 5, 218-233.

DEGEN, G., K. BANZ u. H.-J. STOCK (1977): Zur Nistplatzwahl des Haussperlings, Passer domesticus L., in Bulgarien. Beitr. Vogelkde 23, 352-353.

GAWLIK, H. u. K. BANZ (1982): Zur Nahrungsökologie der Waldohreule, (Asio otus L.) innerhalb des Berliner Stadtgebietes. Beitr. Vogelkde 28, 275-288.